Nachdem mir zu Recht vorgehalten wurde, dass ich hier in diesem Blog doch immer nur das Negative aufschreiben würde, all das was mich aufregt, was man nicht tun sollte, und das mit einem elendig apodiktischen Stil, der ja geradezu Widerspruch hervorrufen musste, habe ich, nun ja, beschlossen auch mal was Positives zu schreiben. Ich entschuldige mich an dieser Stelle schonmal dafür. Aus irgendeinem Grund bin ich immer davon ausgegangen, dass nur das Negative generalisierbar ist, während das Positive nur aus privaten, schwer erklärbaren Versatzstücken besteht. Da ich im Positiven noch Anfänger bin, werde ich mich erstmal auf eine Film-Empfehlung stützen, vielleicht kommen irgendwann auch mal positive, selbst erlebte Geschichten. (Irgendwie reizt das Positive auch nicht, es fehlt irgendwie der Sexappeal.)
Aber hier nun die Empfehlung: Es ist die Serie „Heimat“. Sie beschreibt (in der ersten Staffel) die deutsche Geschichte von 1918 bis 1982 anhand der Geschichte der Familie Simon im fiktiven Dorf Schabbach in 11 Episoden. Die Serie ist für mich nahezu perfekt: Das Storytelling ist großartig, es werden Handlungsstränge entwickelt und es werden Schicksale erzählt. Sie ist nur fiktiv, aber diese Fiktion ist so nah an der Wirklichkeit, dass ich mich ständig mit den Personen identifiziere, mit ihnen leide. Und das ist, glaube ich, das Beste, was eine Serie leisten kann. Daneben ist die filmische Qualität aber auch unglaublich. Es gibt zwar auch einige Szenen, die eher ARD-Fernsehfilmniveau haben, aber zugleich sind die wichtigsten Szenen so gut gedreht, dass man auf die Knie sinken könnte. Die Schauspieler spielen extrem gut und authentisch, allen voran die Hauptdarstellerin Marita Breuer. Heimat enthält Szenen, die sich einprägen, die eine extreme Symbolkraft haben. Die Qualität dieser Szenen lässt sich nur schwer durch eine Beschreibung wiedergeben.
Dennoch ein Beispiel: Der minderjährige Sohn Hermann verliebt sich in die 11 Jahre ältere Hausangestellte Klärchen. Er zieht sich aus der Familie zurück und lebt, da er eher ein Dichter ist, ganz für diese erste große Liebe. Sie wird schwanger und muss weggehen. Das Kind lässt sie – noch mitten in den fünfziger Jahren – abtreiben. Sie schreibt ihm nur noch Briefe. Durch einen solchen Brief fliegt die Affäre der beiden auf. Das ganze wird anhand von drei Szenen gezeigt: Der Postbote bringt den Brief und erklärt, dass er ihn diesmal vorbeibringt und nicht postlagernd behält. Die Mutter liest den Absender. Nächste Szene. In der Küche herrscht eisiges Schweigen. Hermann kommt nach Hause, niemand erklärt ihm etwas – bis der älteste Bruder kommt. Der ist ein erfolgreicher Geschäftsmann, ein echter Macher, und erklärt Hermann umgehend, dass er sie nie wieder sehen wird, und dass die Familie sie verklagen und ins Zuchthaus stecken lassen wird. Nächste Szene: Die leere Küche. Die Kamera zeigt den Brief und, während die Geliebte ihn aus dem Off vorliest, fährt die Kamera durch die leere Küche. Es ist ein wundervoller Brief, voller Wärme und Vertrautheit. Und es ist eine wunderbare Idee, den verlassenen Ort der Zuchthaus-Forderungen und der aufgestauten Wut mit der Wärme des eigentlichen Briefes zu kontrastieren. Zugleich zeigt der Regisseur damit eine Welt, die zumindest mir heute sehr fremd erscheint, aber er zeigt sie sehr authentisch. Es gibt keine Gnade, selbst von der sonst so warmherzigen Mutter nicht. Letzten Endes verlässt auch Hermann mit 18 Jahren seinen Heimatort Schabbach und wird später Hauptdarsteller der zweiten Staffel, die im München der 60er und 70er Jahre angesiedelt ist.