Es gibt gewisse Grundregeln, die man beim Autofahren einhalten sollte. Die wichtigste, aber unbekannteste: Es bringt nichts in der Stadt oder auf der Landstraße zu rasen. Man steht immer (!) gemeinsam an der nächsten Ampel. Alles Rasen wird an der nächsten Ampel wieder nichtig. Das Dumme daran: Man erinnert sich an diese Regel nicht, wenn man in Eile ist. Jede Sekunde zählt dann.
So auch gestern bei mir. Ich hatte einen wichtigen Termin um 15:30 Uhr. Das war die Deadline. Zuvor hatte ich ein Interview mit ebenjenem Staatssekretär in Erfurt. Und das zog sich, weil er mir alles erklären wollte. Ich kam erst 15:00 Uhr aus Erfurt raus. Also raste ich wie blöde. Ich schaffte es 15:40 Uhr in meiner Straße zu sein, ohne einmal geblitzt (was einen eigentlich bei solchen Gelegenheiten erwischt) worden zu sein oder einen Unfall gebaut zu haben. Es war sogar ein recht großer Parkplatz frei. Nur noch rückwärts einparken. Innerlich war ich stolz es so schnell geschafft zu haben. Also fahre ich gedankenlos und schnell in die Parklücke hinein, ich versuche es jedenfalls. Als erstes komme ich dem nebenstehenden Auto gefährlich nahe. Noch bevor ich reagieren kann, treffen sich unsere Spiegel. Meiner ist schwächer und fällt ab. Ungläubig starre ich auf die Stelle, wo der Spiegel war, reiße mich dann aber zusammen und will das Auto wenigstens noch einparken, bevor ich mir das Problem ansehe. Dummerweise besitze ich eine Anhängerkupplung, die nicht schwach ist. Ich ramme das Auto das hinter mir steht leicht. Kein Problem, denke ich, ist mir schon öfter passiert. Als ich hinters Auto gehe, finde ich dort jedoch das Nummernschild des anderen Autos auf dem Boden. Kurz überlege ich, ob es wirklich zu dem dort stehenden Auto gehört. Es ist mittlerweile 15:45 Uhr. Ich überlege noch entweder umzuparken oder einen Zettel zu schreiben, als die Besitzer erscheinen und mich mit dem Nummernschild in der Hand ertappen.
Mir wird sofort bewußt, dass ich es nun reparieren muss. Ich hole einen Werkzeugkasten von zu Hause. Leider stellt sich heraus, dass das Nummernschild nur Einwegschrauben hatte und sich durch erneutes Anschrauben nicht befestigen lässt. Eigentlich ein Wunder, dass es so gehalten hatte. Die Frau will trotzdem meine Personalien. Es ist 15:50 Uhr. Hektisch renne ich zu mir und hole neue Schrauben. Wir versuchen es erneut, es funktioniert. Sie will meine Telefonnummer, man weiß ja nie, sagt sie.
Aber ich habe es geschafft. Jetzt nur noch los. Ich sammle noch den Spiegel auf, der nur leicht innen zerkratzt ist. Es ist 15:55 Uhr. 15:30 Uhr wollte ich da sein. Ich rase erneut, diesmal mit dem Fahrrad, komme gut durch, bis plötzlich ein langsam fahrendes Mädchen, direkt in meinen Weg fährt. Sie fährt fast in Zeitlupe, ich bremse so gut es geht, rase aber doch seitlich in sie hinein. Sie stürzt, aber steht auch gleich wieder auf – nichts passiert. Ich will sagen: “Bist du bescheuert?”, sage aber nur in einem verzweifelten, verständnislosen Ton: “Wieso bist du denn weiter gefahren?” Sie murmelt, dass sie meine Geschwindigkeit nicht einschätzen konnte. Aber ich bin schon weg. Es ist 16:00 Uhr. Ich bin eine halbe Stunde zu spät.
Das ist eigentlich gar nicht schlimm, wie sich herausstellt. Ich habe es geschafft, in einer viertel Stunde zwei Unfälle mit dem Auto und einem mit dem Fahrrad zu bauen. Das ist nun mein persönlicher Rekord.