Was sind denn das für Nachrichten? “Im Fall der entführten Susanne Osthoff gebe laut Regierungsaussagen keine neuen Entwicklungen. Die Mutter erklärte derweil, dass sie weiterhin daran glaube, dass ihre Tochter freigelassen wird.” Oje, gibt es wirklich nichts zu melden. Man kann doch nicht aus keiner Nachricht eine Nachricht machen. Aber wahrscheinlich ist das der Angst der Sender geschuldet, dass die Hörer denken könnten, die kümmern sich gar nicht um das wichtigste Thema. Vielleicht sollte ich mal woanders hören, ob etwas passiert ist. Die Nicht-Erwähnung des Themas, weil es einfach nichts neues gibt, ist bei solch einer Aktualität nicht möglich. Sie stellt den Sender unter den Verdacht der Schlecht-Informiertheit. Das ist ein Kollektivproblem. Kein Sender kann daraus ausbrechen, weil er befürchten muss, dass es sanktioniert wird und dass die anderen Sender die Nicht-Information trotzdem bringen und damit seriöser dastehen.
Das war das schlimmste Beispiel bisher, aber auch andere Nachrichten sind überflüssig. Meldungen, die sich auf das Politbarometer stützen, sind die sinnlosesten überhaupt. Wem bringt es etwas, wenn selbst bei der Süddeutschen ganz groß auf der Homepage verkündet wird, dass Matthias Platzeck jetzt beliebtester deutscher Politiker ist. Das ist gelinde gesagt eine Null-Information. Da stellt sich natürlich die Frage, ob das nur beschreibend oder auch zuschreibend wirken soll: Soll uns das nur sagen, dass wir so fühlen oder soll es uns zugleich sagen, dass wir so fühlen sollen. Die Frage stellt sich ja bei jeder veröffentlichten Umfrage – allerdings selten so klar wie bei dieser. Wahrscheinlich liegt es daran, dass es eine Rangfolge ist, bei allen anderen Umfragen kann man immer noch denken: Dann bin ich halt in der Minderheit. Hier aber wird suggeriert, dass man irgendein Verhältnis zu Matthias Platzeck haben müsste, auch wenn man davon bisher gar nichts wusste, weil man von keiner seiner Taten bisher gehört hat. Aber die Bildzeitung hat nun noch eins drauf gelegt und schon nach 11 Tagen erstaunlicherweise festgestellt, dass Angela Merkel nun die beliebteste Politikerin ist. Ihr neuer Regierungsstil komme beim Bürger gut an. Was? Wie bitte? Hat man nach 11 Tagen nun schon einen Regierungsstil? Hat man, bevor das Essen serviert wird, schon Manieren? Ist man auf den ersten Hundert Metern beim Marathon schon in seinem Rhythmus? Gibt es nicht wichtige Nachrichten? Kann man die Kategorie der Bedeutsamkeit an solche Nachrichten gar nicht anlegen, weil sie eigentlich Politikpanorama sind?
Muss man alles machen, nur weil es möglich ist?
hallo. da ich ja derzeit an der quelle sitze kann ich nur feststellen, dass es erst heute wieder „richtige“ nachrichten gibt. heute kam condi, heute sprengten sich irakerinnen mitsamt mindestens 40 anderen in die luft, heute landete ein flugzeug in teheran versehentlich auf einem wohngebiet.
aber nachrichtensendungen sind immer gleich lang. sie werden nur l?nger und spezieller oder brennp?nktlicher, wenn etwas richtig heftiges passiert ist. man sp?rt ?brigens unter den redakteuren eine gewisse schaurige erleichterung, dass sie heute wieder wirklich was berichten d?rfen und nicht aus den nicht vorhandenen Neuigkeiten eines Entf?hrungsfalles Neues bauen m?ssen. Aber es ist auch ein beklemmendes Gef?hl, dass ich gerade gl?cklich bin, heute Vormittag ein Interview mit eigenem Kamerateam gemacht haben zu d?rfen (mit der EU-Kommissarin f?r Au?enpolitik). Das h?tte ich nicht gedurft, wenn die CIA nicht foltern w?rde…
Kann es nicht auch sein, dass es genug Meldungen g?be, aber die Sender den Zuschauern entweder nicht zutrauen, deren Relevanz zu erkennen oder die Sender nur ein enges Relevanzschema f?r Nachrichten haben. Das s?he etwa so aus: es muss deutschen Bezug haben oder es ist eine schreckliche menschliche Katastrophe anderswo. Aber es gibt ja auch konsequent ausgeblendete L?nder, im Grunde alles au?er Europa und Terror. Meldung wird nur, was mit deutscher Beteiligung stattfindet (Merkel bei Bush, Merkel in China). Aber vielleicht denke ich da auch zu stark an die Tagesschau oder die banalen Radiosender. Tageszeitungen k?nnen das mehr leisten. Aber auf ihrem Titel steht auch nichts anderes als das eben beschriebene. Sie haben halt nur mehr Seiten.
gemeldet wird, wo jemand ist, der melden kann. also in l?ndern, in denen agenturjournalisten nicht vertreten sind, an orten, an denen bewusst nichts an die ?ffentlichkeit dringt, bleibt die nachricht dort und kreist nicht um die welt. es ist im grunde wie ein aktionspotential in der menschlichen erregungsleitung: alles oder nichts. es muss eine gewisse barriere ?berwinden, bis es einen reiz ausl?st, viele reize kommen im hirn (gewagte metapher f?r welt?ffentlichkeit) gar nicht erst an, andere werden bewusst unterdr?ckt (z.b. durch medikamente oder durch hemmende synapsen im system selsbt)… ich k?nnte diesen Gedanken jetzt weiter spinnen und hochtreiben, aber ich habe schlicht hunger. danke f?r die pizza, ?brigens 😉