Was ist denn mit den Onlinemedien los? Überall sprießen Liveticker aus dem Boden. Spiegel, Süddeutsche, Tagesspiegel – Ägypten ist voller livetickernder Journalisten. Ich kann das nicht genau erklären: Irgendwie habe ich dabei ein merkwürdiges Gefühl, wenn über eine Revolution oder einen Aufstand ein Live-Ticker gesendet wird. Was ist das denn für ein Format? Passt das zum Anlass? Fehlt da irgendwie die Pietät? Bin ich altmodisch? Erst das Spiel Dortmund gegen Schalke im Liveticker, dann die Revolution in Ägypten?
Wie wär’s mit folgenden Meldungen: 23:04 – Es wird wieder geschossen! 23:05 – 17 Menschen wurden von den Polizisten bisher erschossen. 23:06 – 27 Menschen! 23:07 – Unser ägyptischer Kameramann ist auch tot. 23:08 – Ich werde inhaftiert. 23:17 – Im Polizeibus werden wir Journalisten gefoltert.
Ist das der Wunsch nach einem Alleinstellungsmerkmal der Online-Journalisten? Ist es die Suggestion von Hyperaktualität? (Auch zum Preis von sehr vielen Fehlmeldungen, da sie nicht nachrecherchiert werden können?) Ist es die Freude endlich mal über einen Systemwechsel eventmäßig und melodramatisch berichten zu können? Wahrscheinlich hätten die deutschen Journalisten auch gern im Irakkrieg gelivetickert, wenn man sie denn gelassen hätte. Was kommt als nächstes: Mubaraks Hinrichtung im Live-Ticker? 10:56 – Der Priester spricht die letzten Worte…

Bild: Ramy Raoof (CC BY 2.0)