Es herrscht kein Mangel an Generationsbezeichnungen: Gefühlt hat wohl jeder Journalist mal eine erfunden. Die Halbwertzeit der Bezeichnungen schwindet spürbar: Generation X, Y, Z. Was kommt als Nächstes? Generation „Ä“?

Dieser Generationen-Bezeichnungs-Inflation will ich hier einen dauerhaften Generationen-Bruch entgegenstellen, der bisher viel zu wenig beachtet wurde: Die Bruchlinie zwischen der „Generation Paartanz“ und der „Generation Individual-Tanz“. Auf den Feiern meiner Eltern findet Tanz vollkommen selbstverständlich nur in Form des Paartanzes statt. Auf den Feiern meiner Generation ist diese Form des Tanzes völlig inexistent, stattdessen tanzt jeder für sich allein. Lediglich in Tanzschulen, in Tanzsportvereinen und auf Hochzeiten existiert noch eine Nische für den Paartanz. Die Generationen-Grenze verläuft scheinbar zwischen 40 und 50.

Aber ist das vielleicht auch eine Altersfrage? Je älter man wird, desto eher wechselt man in die „Generation Paartanz“? Man hat nicht mehr die Gelegenheiten zum (individuellen) Tanzen und auch nicht mehr das Bedürfnis nach einem expressiven Ausleben des Selbsts – es greift eine „Da bin ich zu alt für“-Logik. Und bei den wenigen Gelegenheiten, in denen noch zu tanzen wäre, sucht man – dem Alter entsprechend – nach geordneten Strukturen. Die Tanzschulen würden dann genau an diesem altersbedingten Übergang von Wildheit zu Ordnung operieren. Dann wäre es gar keine Generationenfrage mehr, sondern nur ein Zeichen des Älterwerdens.

Aber so will ich mir das noch nicht vorstellen! Da glaube ich lieber weiter an die „Generation Paartanz“. Und muss natürlich an dieser Stelle auch das tun, was man als klassischer Generationenbezeichner macht: Ich muss vor dem kulturellen Verfall warnen! In weniger als 30 Jahren werden die letzten Exemplare der „Generation Paartanz“ ausgestorben sein. Dann wird das Kulturgut „Paartanz“ bedroht sein. Dann wird es Videos in Museen geben, unter denen „Cha-Cha-Cha“, „Rumba“ und „Discofox“ steht, und die Jugendlichen werden feixend davor stehen und sich darüber wundern – genauso wie sie sich heute über Mittelalterliche Tänze wundern.

Dem gilt es Einhalt zu gebieten! Junge Menschen schließt die Lücke! Geht in die Tanzschulen! Tanzt Paartanz auch in den Clubs! Techno hat einen Vier-Viertel-Takt – ja, ganz genau wie der Disco-Fox und der Cha-Cha-Cha!