Theorien

abgrundlos glücklich

Die meisten Menschen bauen sich rationale Brücken über ihre emotionalen Abgründe.
Anfangs sind es nur unsichere Seile, die voll Verzweiflung und Hast aus den nächstbesten Gedanken geknüpft wurden. Lediglich der Glaube an das rettende Gefühl auf der anderen Seite spannt sie fester und lässt einen über all diese Abgründe wandeln – voller Nebel, voller Schwärze, voller unbegreiflicher Tiefe.
Aber man wird hinabstürzen, man wird fallen. Und dann wird man die Augen schließen und sich mit aller Kraft auf das Seil denken. Und wenn man Pech oder Glück hat, wird es funktionieren. Dann wird das Seil fester geknüpft sein – aus all den […]

2018-06-07T20:48:46+02:0027. März, 2010|…über die Menschen|7 Kommentare

Flirtkurs V: Interesse erkennen

Woran erkennt man, dass eine Frau mehr Interesse hat? Es gibt nur sehr wenige Zeichen, die eine überindividuelle Interpretation erlauben.
Das stärkste Zeichen, das immer wiederkehrt, ist das folgende: Bei einem Treffen sagt sie am Anfang gleich: „Ich habe dich gesehen, aber du hast mich nicht gesehen.“ Das kann natürlich auch eine einfache Aussage sein, die so stimmt. Aber meist wird sie mit einem halb vorwurfsvollen Unterton vorgetragen, der sagt: „Ich habe mich eigentlich gefreut dich zu sehen, aber du hast mich gar nicht wahrgenommen.“ Im Grunde ist dieser Satz meist auch schon die treffende Beschreibung des gegenseitigen Verhältnisses: Einer will […]

2018-06-07T20:49:12+02:0021. März, 2010|…über die Liebe|2 Kommentare

Die Pause im Wollensmarathon

In letzter Zeit führe ich im Rahmen einer Studie Interviews mit älteren Menschen durch. Da die Interviews in den meisten Fällen auch bei den Interviewten zu Hause stattfinden, könnte ich einiges über die Lebenswirklichkeit alter Menschen erzählen. Was mich bisher am meisten erstaunt hat, ist ihr Umgang mit der Langeweile.
Ich bin also in einem Dorf irgendwo hinter Gotha, sitze in einem größeren hellen Raum, in dem nichts weiter steht als eine graue Couchgarnitur und eine Schrankwand mit Fernseher drauf, die Tapete hat ein Blümchenmuster. Es ist wohl das Wohnzimmer. Jedes einzelne Detail dieser wunderbaren Installation strahlt nur eines aus: Langeweile. […]

2018-06-07T20:50:50+02:006. März, 2010|…über den Rest|2 Kommentare

Wie wird man eigentlich Liberaler?

Ich bin in letzter Zeit immer wieder überrascht, aus wievielen Menschen plötzlich erzliberales und sozialstaatsfeindliches Gedankengut heraustritt. Heute konnte ich erst wieder ein solches Gespräch belauschen. Es enthielt die üblichen Floskeln über den Sozialstaat: Er böte eine soziale Hängematte für Arbeitslose und motiviere sie nicht zur Arbeit, da sie genausoviel für Nichtstun wie für eine geregelte Arbeit bekommen. Außerdem könne man denen zwar Geld geben, müsse aber auch eine Gegenleistung dafür einfordern können.
Es ist wirklich erstaunlich, wie stark die Leistungslogik unsere Gesellschaft prägt. Ich vermute in zehn Jahren kann man den Wohlfahrtsstaat der siebziger Jahre, also den fürsorgenden und nicht […]

2018-06-07T20:51:49+02:007. Januar, 2010|…über die Menschen|0 Kommentare

Wider den Möglichkeitssinn

Ach, der Möglichkeitssinn! Robert Musil beschreibt ihn in einem Teil seines „Mannes ohne Eigenschaften“. Für ihn ist dieser Sinn im Gegensatz zum Realitätssinn (der Menschen hilft, sich in ihrer Wirklichkeit zurechtzufinden) ein Sinn, der Menschen befähigt, sich zu fragen, ob es nicht auch anders sein könnte, ob das gegebene alles so sein muss. Er bezeichnet Menschen, die mit diesem zusätzlichen Sinn ausgestattet sind als Träumer und Kreative. Ich habe mich oft gefragt, wieso er diesen Sinn so verherrlicht und all das Negtive ausspart:

Ist der Möglichkeitssinn nicht genau der Sinn, der das Paradies schafft, das immer nur nebenan sein kann? Ist […]

2018-08-26T14:50:07+02:0010. Dezember, 2009|…über die Menschen|4 Kommentare

Das Verstummen und Ich

Oft hoffe ich ja, dass ich in Phasen der Stummheit eigentlich nur Verse, eigentlich nur Inneres ansammle. So als wäre ich ein Staudamm, in den unaufhörlich ein kleines Rinnsal der Erkenntnis, der Kreativität hineinfließt. Man darf diesen Bach bei seiner Sammlung nicht durch eine vorzeitige Entnahme des Wassers stören. Man könnte ihn zum Versiegen bringen, wenn man zu viele Bilder, zu viele Ideen vorzeitig entnimmt. Irgendwann ist der Stausee dann voll und kann sich endlich in verdichteten, kongenialen Zeilen ergießen. Eine merkwürdige Vorstellung. Es ist wohl bloß eine geschönte Geschichte, um das Verstummen zu erklären. Eine Entschuldigung, um nicht vor […]

2018-08-26T14:51:16+02:005. Dezember, 2009|…über den Rest|0 Kommentare
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