…über den Rest

Auf der Suche nach der Nulllinie

Warum kann die Vergangenheit nicht einfach nur sein, einfach nur feststehen? Warum muss sie sich immer wieder aufschwingen und sich mit vollem Herzen an den Interpretationen der Gegenwart beteiligen?
Sollte letzten Endes der wehleidige Spruch, für den ich „Magnolia“ immer gehasst habe, doch stimmen? „We may be through with the past, but the past ain’t through with us.“ Wahrscheinlich gilt er zumindest für ältere Menschen, bei denen die vergangene Erlebnisse unbewusst in den Kopf schießen. Vielleicht sind sie aber gerade deshalb der Vergangenheit so ausgeliefert, weil es, allen neurophysiologischen Notwendigkeitspostulaten zum Trotz, keine gelebte und soziale Gegenwart mehr gibt, die ihnen […]

2018-06-07T20:47:20+02:008. Mai, 2010|…über den Rest|5 Kommentare

Die Pause im Wollensmarathon

In letzter Zeit führe ich im Rahmen einer Studie Interviews mit älteren Menschen durch. Da die Interviews in den meisten Fällen auch bei den Interviewten zu Hause stattfinden, könnte ich einiges über die Lebenswirklichkeit alter Menschen erzählen. Was mich bisher am meisten erstaunt hat, ist ihr Umgang mit der Langeweile.
Ich bin also in einem Dorf irgendwo hinter Gotha, sitze in einem größeren hellen Raum, in dem nichts weiter steht als eine graue Couchgarnitur und eine Schrankwand mit Fernseher drauf, die Tapete hat ein Blümchenmuster. Es ist wohl das Wohnzimmer. Jedes einzelne Detail dieser wunderbaren Installation strahlt nur eines aus: Langeweile. […]

2018-06-07T20:50:50+02:006. März, 2010|…über den Rest|2 Kommentare

Das Verstummen und Ich

Oft hoffe ich ja, dass ich in Phasen der Stummheit eigentlich nur Verse, eigentlich nur Inneres ansammle. So als wäre ich ein Staudamm, in den unaufhörlich ein kleines Rinnsal der Erkenntnis, der Kreativität hineinfließt. Man darf diesen Bach bei seiner Sammlung nicht durch eine vorzeitige Entnahme des Wassers stören. Man könnte ihn zum Versiegen bringen, wenn man zu viele Bilder, zu viele Ideen vorzeitig entnimmt. Irgendwann ist der Stausee dann voll und kann sich endlich in verdichteten, kongenialen Zeilen ergießen. Eine merkwürdige Vorstellung. Es ist wohl bloß eine geschönte Geschichte, um das Verstummen zu erklären. Eine Entschuldigung, um nicht vor […]

2018-08-26T14:51:16+02:005. Dezember, 2009|…über den Rest|0 Kommentare

Zeit und Wunden

Ich glaube nicht mehr, dass Zeit Wunden heilt. Dieses Sprichwort entspringt einer unzutreffenden Gleichsetzung von Körper und Seele oder zumindest eine verfälschenden Verkürzung des Zusammenhangs. Eigentlich müsste es lauten: Erfahrung heilt Wunden. Die Zeit bringt uns lediglich neue Erfahrungen.

Man kann seelische Wunden nur heilen, wenn man sich wieder in eine ähnliche Situation begibt, in der sie geschlagen wurden. Man kann also schwer verwundet jahrelang seinen Alltag bestreiten – ohne auch nur irgendeinen Schmerz zu spüren oder einen Tropfen Blut zu sehen. Erst wenn man wieder in die Situation kommt, in der man verletzt wurde, wird man die Wunde wieder spüren, […]

2018-10-03T15:14:56+02:0010. Februar, 2009|…über den Rest|1 Kommentar

Über das Ende des Studiums

Es ist ein merkwürdiges Gefühl mit dem Studium fertig zu sein. Es ist eigentlich nicht anders als das Gefühl an einem runden Geburtstag: Man ändert sich nicht, man fühlt sich nicht anders. Und doch ist so vieles anders: All das, was man vor wenigen Tagen noch für überlebensnotwendig hielt, das Lernen, das Lesen, das den Ganzen-Tag-in-der-Bibliothek-Sitzen, all das ist weg, all der Druck ist raus, den man sich selbst auflastete und den andere einem durch ihr beständiges Fragen nur vermehrten. All das, was einem noch vor einer Woche Sinn gab, ist nun verschwunden, und nun rächt sich, dass das Lernen […]

2019-03-02T16:44:25+01:0026. Juli, 2007|…über den Rest|2 Kommentare
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