Manchmal ist es schon erstaunlich, wie stark kürzeste Momente ganze Wochen verändern können. Am deutlichsten ist das wohl bei Unfällen oder Körperlichkeiten. Ein unaufmerksamer Moment, egal von welcher Seite, und schon liegt der Radfahrer unter dem Auto. Aber dieses Phänomen gibt es auch im rein psychischen. Eine Unachtsamkeit oder ein falsch gewähltes oder anders konnotiertes Wort eines wichtigen Freundes und ganze Wochen werden in Gedanken daran zerkocht. Es ist auch unklar, welche Worte einsinken und welche abprallen. Meist wird es nicht thematisiert und kann mental bis zur Unkenntlichkeit nachreifen.
Ein Wort-Mißverständnis zum Beispiel hat mich drei Wochen lang beschäftigt und zermürbt. Immerhin war es keine nahestehende Person, aber vielleicht wird es gerade an diesem geschäftlichen Mißverständnis deutlich, welche Zeitausdehnung einige kurze Worte erfahren können. (Nebenbei: Vielleicht ist das ja das Maximum, was Worte erreichen können: Durch missverstanden-werden länger währen, als es ihrem kurzen Ausgehauchtwerden eigentlich zusteht; seltenst werden Worte positiv bewahrt.)
Die Geschäfts-Situation: Ich wollte mein Auto zurückgeben an den Händler, von dem ich es gekauft hatte, da es schwerwiegende Rostschäden aufwies, die mit bloßem Auge nicht erkennbar waren. Ich telefonierte also mit dem Geschäftsführer des Autohauses. Er bot mir an, es zurückzunehmen. Ich wollte allerdings wissen, welchen Wertabzug ich hinnehmen müsste. Er sagte “um die 200-300 Euro”. Heute, nach drei Wochen dem blöden Geschäftsführer-Hinterhertelefonieren und ständigem Abgewimmeltwerden, nach drei Wochen mit dem zermürbendem Gefühl eine Entscheidung vor sich her zu schieben und noch schlimmer, keine Entscheidung herbeiführen zu können, fast ohnmächtig zu sein, heute also telefoniere ich wie immer mit einem Lakaien, der mir sagt, dass Herr Fischer wie immer nicht da sei und möglicherweise blablabla kommt. In einem Anfall von Entschlossenheit rufe ich noch einmal an und versuche aus dem Handlanger Informationen rauszuquetschen, mit ihm zu verhandeln. Im Endeffekt erklärt er mir, dass es nicht um 200-300 Euro (Abzug) ging, sondern, dass Herr Fischer den grammatikalischen Anschluss einfach nicht bekommen hat und sich der Gesamtwert um 200-300 Euro belaufen werde. Drei Wochen lang hielt mich also ein falschgebrauchtes oder falschverstandenes UM auf. Es sollte eine Strafe für Worte geben, die so lange währen. Der Nichtgebrauch funktioniert leider bei solch einem funktionalen Wort nicht, aber könnte bei anderen schädlichen Worten in Erwägung gezogen werden. Ein Jahr Nichtgebrauch und Nichtlesen und Durchstreichen für einen Tag Missverständnis. Das wäre eine gute Regel.